Britischer Ableger
im deutschen Markt


Die Deutsche BA sollte ab 1992 im neuen deutschen Markt den gewachsenen britischen Einfluss erhalten – ein teures Experiment.

Als alliierte Fluggesellschaft haben die Briten im innerdeutschen Flugverkehr eine lange Tradition. Bereits im September 1946 begann British European Airways (BEA) die ersten Linienflüge von Berlin-Gatow nach Hamburg und Düsseldorf mit der C-47 zu bedienen, der militärischen Variante der DC-3. Schon 1951 erfolgte der Umzug nach Tempelhof, ab 1968 übernahmen Jets die Berlin-Routen – zunächst die Comet 4B, dann bald für viele Jahre die BAC 1-11.

Seit 1974 flogen die Briten unter dem Markennamen British Airways (BA). Bedeutung und Profitabilität der Flüge waren bereits geschrumpft, trotzdem kamen für BA die deutsche Vereinigung 1990 und der Abschied von alten Privilegien einem Schock gleich. Es herrschte Handlungsbedarf, die Briten mussten eine deutsche Fluggesellschaft übernehmen, die über die nötigen Verkehrsrechte verfügte, um weiter im deutschen Markt aktiv zu sein.

Das Farbschema war anfangs der britischen Mutter angelehnt. Hier der Erstflug nach Paris im März 1994.

Ihre Wahl fiel auf die Delta Air Regionalflug GmbH aus Friedrichshafen am Bodensee. Im März 1992 wurde die Deutsche BA Luftfahrtgesellschaft mbH gegründet, an der BA, vertreten durch die Deutsche BA Holding, eine Minderheitsbeteiligung von 49 % hielt. Dies war noch die Zeit kurz vor der europäischen Luftverkehrs-Liberalisierung und lange vor dem Brexit, daher hätte die britische Mehrheit bedeutet, dass die Deutsche BA

(DBA, IATA Code DI) keine Verkehrsrechte innerhalb Deutschlands bekommen hätte. Deshalb wurde die Firmenkonstruktion zunächst als Joint Venture mit drei deutschen Banken angelegt. Der Firmenname allerdings war, was kaum jemand weiß, eine geschickte Illusion: Er stand nicht, wie allgemein angenommen, für „Deutsche British Airways“, sondern für „Deutsche Besondere Anlagen“.

Eine Saab 340 der Regionalgesellschaft Delta Air aus Friedrichshafen in Hamburg, ca. 1989.

Mit Service punkten

Zu den Saab 340 der Delta Air kamen weitere der schwedischen 33-Sitzer von Crossair sowie die ersten von am Ende sieben bei Maersk Air in Dänemark geleasten Boeing 737-300. Am 29. Juni 1992 eröffnete die DBA (Werbeslogan: „Die neue Linie im Land“) ihren kommerziellen Jet-Service mit Flügen von Berlin-Tegel, ihrem ersten Firmensitz, nach Stuttgart und München. Das Konzept war, mit hohem Serviceniveau zu

punkten, und das zu geringfügig niedrigeren Preisen als Lufthansa. Legendär sind die weißen Handschuhe, mit denen die Flugbegleiterinnen die Passagiere empfingen, die DBA bot eine eigene Business Class mit allen Schikanen. Das Streckennetz war allerdings von Anfang an inhomogen und vom Denken einer Regionalgesellschaft geprägt, was die dahinter steckende Delta Air ja auch war.

Ab 1993 betrieb die DBA erstmals auch die Fokker 100, gleichzeitig nahm sie scheinbar wahllos internationale Strecken auf, ein Jahr später verlegte die junge Airline ihren Hauptsitz von Tegel auf den neuen Münchner Flughafen, der zwar die bessere Infrastruktur bot, aber nicht den optimalen Heimatmarkt. Ab Frühjahr 1995 wurde die inhomogene Flotte noch

komplexer, die damals neue und moderne Saab 2000 mit 50 Sitzen wurde vom Saab-Werk in Schweden an die DBA ausgeliefert, sie flog auf Nischenstrecken wo sich kein Massengeschäft machen ließ. Die DBA blieb eine Geldverbrennungsmaschine, doch das störte zunächst niemanden wirklich.

Die interessantesten Flugzeugbemalungen Deutschlands

Die gesamte Turboprop-Flotte verkaufte man Anfang 1997. Als einzige internationale Ziele verblieben neben Gatwick noch Moskau und St. Petersburg im Streckennetz. Dann kam die Flottenbereinigung, bis Ende 1997 erfolgte die Abgabe der Saab 2000 und Fokker 100, gleichzeitig die Übernahme des revolutionären Markenbildes der Mutter BA aus jenem Jahr. „Global Design“ nannte sich das

Konzept mit den „Ethnic Tails“ jener Ära. Der DBA verschaffte die Adaption des BA-Designs die Chance auf die vermutlich interessantesten Flugzeugbemalungen, die es in Deutschland je gab. „Es war eine Fun-Airline, alle waren jung und ein bisschen frech dabei, die Lufthansa zu pieksen“, erinnert sich Carl Michel, Firmenchef von 1996 bis 1999.

Sterntaler, Gothic oder Edelweiss hießen die 1997 von deutschen Künstlern gestalteten Bemalungen an den Leitwerken der Deutschen BA, die an die im selben Jahr eingeführten „World Images“ der Muttergesellschaft British Airways angelegt waren.

Ab 1998 operierte die DBA mit einer reinen Boeing 737-300-Flotte aus 18 Flugzeugen. Im Geschäftsjahr 1997/98 beförderte der zweite deutsche Linienflieger 2,8 Millionen Passagiere, aber Gewinne blieben aus. „Die DBA machte immer Verluste, aber BA hat mit uns intern Geld verdient durch die Verkäufe von Zusatzleistungen, und insgesamt betrachtet war die DBA Ende der neunziger Jahre auf eine schwarze Null gekommen“, so der damalige Chef. Und er kann

das Minus auch beziffern: „Im letzten Jahr meiner Amtszeit lagen die Verluste etwa bei zehn Millionen Mark, während es zuvor so um die 30 Millionen Mark pro Jahr waren – bei drei Millionen Passagieren entsprach das zehn Mark Verlust pro Passagier“, rechnet Michel vor. Insgesamt, so seine Schätzung, habe BA 100 bis 150 Millionen Britische Pfund (nach heutigem Wert etwa 150-220 Millionen Euro) in die deutsche Tochter gesteckt.

Einbindung in die Oneworld-Allianz

Bis Anfang 1999 war die Flotte deutlich verjüngt, insgesamt 13 fabrikneue 737-300 wurden von Boeing in Seattle nach München überführt, das Durchschnittsalter der aus 18 Boeing 737-300 bestehenden Flotte betrug zu diesem Zeitpunkt nur anderthalb Jahre. Die DBA wurde jetzt auch mehr

in das Oneworld-Allianzsystem eingebunden, zu dessen Gründungsmitgliedern BA gehörte. So flog sie selbst Codeshare-Verbindungen mit Iberia etwa von München nach Madrid und Barcelona oder mit Finnair von Hamburg nach Helsinki.

Und der Fokus auf den Heimatmarkt begann Früchte zu tragen: „Auf den sieben innerdeutschen Strecken, die wir geflogen sind, hatten wir ein Drittel Marktanteil, teilweise sogar 36 bis 38 %. Auf der Route zwischen Köln/Bonn und Berlin-Tegel waren es durch den Beamtenshuttle, den wir für die Bundesregierung flogen, sogar

mehr als 40 %“, berichtet Carl Michel. Trotzdem fällt seine Gesamtbilanz gemischt aus: „Wir konnten die BA-Vorgaben immerhin dahingehend erfüllen, dass wir auf eine gute zweite Position im deutschen Markt gekommen sind und mehr oder weniger eine schwarze Null erreicht haben.“

Neupositionierung als Business-Airline

Schließlich kam der Versuch, die DBA als Billigfluggesellschaft zu positionieren, easyJet, einer der Marktführer in Europa, erwarb 2002 eine für ein Jahr gültige und durch monatliche Gebührenzahlungen an die DBA untermauerte Kaufoption, um daraus eine easyJet Deutschland zu machen. Mitte März 2003 scheiterte die Übernahme. Für einen symbolischen Euro übernahm am 2. Juni 2003 die Wöhrl-Firma Intro Verwaltungs

GmbH die DBA von BA, die damit eine Sorge los war. „Rote Zahlen wie gehabt, seit Gründung 1992 war kein einziges Mal Profit übrig geblieben“, erkannte der neue Eigentümer Hans Rudolf Wöhrl. Jetzt musste außerdem ein neuer Name her, doch Wöhrl scheute teuren Werbeaufwand. So kam er auf dba – klein geschrieben, was für „die business airline“ oder, wahlweise, für „die bessere Alternative“ stehen sollte.

Zur schon äußerlich maximalen Absetzung von der bisherigen Firmengeschichte wählte man ein frisches Lindgrün zur neuen Firmenfarbe, in der jetzt auch Leitwerke und Triebwerke der 737-Flotte bemalt wurden. Entgegen dem Branchentrend stoppte Wöhrl den Umbau der

dba zum reinen Billigflieger und siedelte sie stattdessen als Business Airline zwischen Low Cost-Airlines und Vollservice-Gesellschaften an. Im Geschäftsjahr 2004/2005 schrieb die ehemalige DBA erstmals seit ihrem Bestehen schwarze Zahlen.

Neue Nüchternheit kehrte bei der dba nach der Wöhrl-Übernahme ein. Vorn die alten Kunstwerke, hinten das sterile Grün, ganz hinten der britische Billigflieger Go, auch eine BA-Tochter.

Verkauf an Air Berlin

Der unerwartete Erfolg lockte ehemalige Konkurrenten an, Ende März 2005 beteiligte sich Germania-Eigner Hinrich Bischoff zu 64 % an der dba und brachte die Flotte seines unrentablen Billigfliegers Germania Express (Markenname gexx) ein – ausgerechnet zwölf Fokker 100. Durch den Deal wurde die Münchner Airline mit 27 Flugzeugen und bis zu 180 täglichen Flügen zur drittgrößten deutschen Liniengesellschaft. Fünf Monate später musste das Geschäft mit Bischoff auf dessen Wunsch rückabgewickelt werden, doch sogar 14 seiner Fokker 100 flogen weiter für die dba.

Nun trat ein anderer Interessent auf: Air Berlin-Chef Joachim Hunold, der immer schon ein Auge auf die dba geworfen hatte, ließ nicht locker. Schließlich bot er 130 Millionen Euro für die dba, und am 17. August 2006 gab Hans Rudolf Wöhrl den Verkauf an Air Berlin bekannt. Ab 1. April 2007 verschwand die Marke dba dann nach außen, die Flugzeuge waren nun mit Namen und Auftritt der Air Berlin unterwegs, 2008 wurde die dba-Verwaltung aufgelöst. Am 14. November 2008 endete der Flugbetrieb der dba zwei Wochen früher als geplant nach einem Streik der Flugbegleiter. Zu diesem Zeitpunkt betrieb die dba noch bis zu 22 Boeing 737-300.

Text: Andreas Spaeth
Bilder: Andreas Spaeth und Flughafen München

Unvergessen

Dieser Text ist ein die gekürzte Fassung eines Kapitels aus dem neuen Buch „Unvergessen – legendäre deutsche Airlines“ von Andreas Spaeth. Es befasst sich ausführlich und reich bebildert mit nicht mehr existierenden Gesellschaften wie Atlantis, LTU, Air Berlin, Aero Lloyd, DBA und Germania. Motorbuch-Verlag, 192 Seiten, 32,00 Euro.